Home alone: Leo – Allein zu Hause

Mein Sohn Leo ist vor einigen Wochen 5 Jahre alt geworden (wir haben übrigens einen schönen Piratengeburtstag mit Schatzsuche gefeiert ;)), deswegen war ich mit ihm letzte Woche bei der U9 beim Arzt.

Die Untersuchung fand gleicht in der Früh statt und der Plan war, dass ich Leo danach zurück in den Kindergarten bringen. Sein kleinerer Bruder war ja bereits schon da. Leider ausgerechnet an dem Tag war die Kindergartengruppe unterwegs zur Schmetterlingausstellung im Botanischen Garten in München. Da unsere Untersuchung etwas länger dauerte, müsste ich Leo extra hinfahren. Und er wollte unbedingt nach Hause fahren, um in Ruhe mit dem ganzen Spielzeug alleine spielen zu können. Er wusste, dass ich am PC im Homeoffice arbeiten muss und kann mich nicht mit ihm beschäftigen. Trotzdem wollte er es wagen.

Ich dachte mir: warum denn nicht? Er ist ja schon groß genug und kann so schön alleine spielen, vielleicht klappt es ja. Und tatsächlich spielte er die ganze Zeit alleine, ohne mich gestört zu haben. Er war so vertieft in seiner Welt, dass ich nicht mal mit mir zu Mittag essen wollte, holte aber dafür seine Brotzeit aus dem Rucksack und aß sie mit einer Portion warmen Kakao.

Gegen 14:00 Uhr musste ich wieder packen, um den kleinen Bruder Nico aus dem Kindergarten abzuholen. Aber Leo wollte wieder nicht mitkommen. Er meinte: “Ich bleibe da! Du kannst ruhig fahren, ich werde weiter schön spielen!”.

“Auf keinen Fall!”, dachte ich mir zuerst. Als ich Leo aber anschaute, wusste ich, dass er innerlich sehr ruhig und überzeugt war. “Eigentlich, warum denn nicht!”, war mein zweiter Gedanke. Irgendwann müssen die Kinder ja selbstständig werden und ihre Wünsche und Bedürfnisse sollten auch respektirert werden. Klar, nicht immer und nicht in jedem Fall! Aber die Situation schien mir harmlos und für ihn machbar.

Mutig oder unverantwortlich?

Ich redete mit Leo noch mal in Ruhe, klärte ich ihn, dass ich ziemlich lange unterwegs sein muss und kann nicht sofort wieder kommen. Er nickte und lief wieder in sein Zimmer, um die Holzeisenbahn zu bauen. Und ich machte mich auf den Weg. Ziemlich lange zog ich mich an und meine Gedanken spielten im Kopf Achterbahn: bin ich mutig oder nur unverantwortlich? Wenn was passiert? Wie kommt er wieder raus? (Ich sperrte die Wohnung ab). Und was passiert, wenn ich die Chance verpasse, ihm mein großes Vertrauen zu schenken? Ihm zu zeigen, dass ich ihn respektiere und fair behandle?

Und dann entschloss ich: er kann ja durch diese Situation nur wachsen und sein Selbstbewusstsein stärken! Das war so eine Entscheidung, die man nur hier und jetzt treffen kann. Die Entscheidung, die die Folge des ganzen, friedlichen Tags war. Die Entscheidung, die jede Mutter irgendwann treffen muss…

Nach dem Rausgehen lief ich noch schnell zum Fenster hin, um zu sehen, was er machte. Er spielte zufrieden mit der Eisenbahn und redete mit den Lego-Männchen.

Als ich nach 15 Minuten im Kindergarten war, merkte ich, wie schnell mein Herz klopfte. Und das nicht nur, weil ich so schnell radelte! Die Angst und die Unsicherheit spielten hier eine große Rolle. Ich zog Nico ganz schnell an, vergaß zu fragen, wie der Ausflug war, ignorierte die anderen Eltern im Kindergarten, die versuchten, mit mir ein Small Talk zu halten, und fuhr wieder so schnell wie möglich zurück. Ich war insgesamt ca. 40 Minuten unterwegs.

Und was erwartete mich zu Hause? Ein friedliches und fröhlich spielendes Kind! Leos Augen strahlten Ruhe, Stolz und Glück. Und ein bisschen Erleichterung, dass wir wieder alle zu Hause waren. Am Abend vor dem Schlafen gehen erzählte Leo, was ihm an dem Tag besonders gut gefiel. “Das ist zu Hause alleine war!”.

Ein Meilenschritt in unserer Mutter-Kind-Beziehung!

Wie geht Ihr damit um? Wann sind Eure Kinder das erste Mal alleine zu Hause geblieben? Wie ist alles gelaufen?

Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.

Johann Wolfgang von Goethe